,,Es lebe die deutsch-französische Freundschaft !’’ Das war das Motto des 60. Jahrestages des Besuchs des französischen Präsidenten Charles de Gaulle in Bonn. Zu der Podiumsdiskussion zu diesem Anlass wurden auch Schüler aus den Bonner bilingualen Schulen eingeladen (Hardtberg-Gymnasium, Friedrich-Ebert-Gymnasium), nicht nur um den Experten zuzuhören, sondern auch um aktiv an der Diskussion teilzunehmen.
Während eines fünftägigen Staatsbesuches in der Bundesrepublik Deutschland hielt de Gaulle am 4. September 1962 in Bonn beim alten Rathaus eine Rede, größtenteils sogar auf Deutsch, in der er sich an die deutsche Jugend richtete und seiner Bewunderung für das deutsche Volk Ausdruck verlieh. Die Botschaft dieser Rede war, dass Frankreich dem neuen Deutschland vertraut und ein neues Europa gemeinsam aufbauen will, was so kurz nach dem zweiten Weltkrieg eine große Sache war, besonders für die Deutschen.
(Link zu der Rede : https://www.cvce.eu/de/obj/ansprache_von_charles_de_gaulle_bonn_4_september_1962-de-cf245568-28c1-4fcc-b50f-24627704c53f.html)
Die Erinnerungsveranstaltung fand, wie auch die Rede de Gaulles vor 60 Jahren, im alten Rathaus in Bonn statt und begann mit einem Video der Rede. Nach einer einführenden Rede der Oberbürgermeisterin übernahm dann Michael Krons, ein Moderator von Phoenix, die Leitung. ,,Die Jugend ist die Zukunft“, sprach Jérôme Vaillant, Professor für Deutschlandstudien und einer der Experten, und das war auch, was de Gaulle in seinen Reden zu vermitteln zu versuchte, indem er sich ganz gezielt an die Nachkriegsgeneration wandte. Die Rede war ein Versuch der „Verführung“, der Versuch der „Eroberung der deutschen Geister“. Doch natürlich steckten auch politische Interessen hinter der Gaulles Verführungsversuchen. Es war der Versuch, Deutschland dem Einfluss der USA zu entziehen und mehr an Europa zu binden.
Diese Anfänge der deutsch-französischen Freundschaft sind bis heute deutlich zu spüren. Seit 1963 haben 9 Millionen Jugendliche an Austauschprogrammen des deutsch-französischen Jugendwerks teilgenommen, und auch am HBG hatten viele Schüler bereits die Möglichkeit an einem Austauschprogramm mit Frankreich teilzunehmen und dabei einen Teil zu dieser langjährigen Freundschaft beizutragen. Hierauf wies Sandra Schmidt, Referatsleiterin für berufliche Ausbildung und Eingliederung beim Deutsch-Französischen Jugendwerk, hin.
Während der Podiumsdiskussion hatten die Zuschauer die Möglichkeit, durch Erinnerungen Jérôme Vaillants die vergangene Beziehung zwischen den Staaten direkt und durch die Erzählungen eines Zeitzeugen zu erleben. In den 50er und 60er Jahren war das Lernen der deutschen Sprache an Schulen die Bemühung die „Sprache des Feindes“ zu lernen. So kurz nach dem Zweiten Weltkrieg hätten die Menschen noch großes Misstrauen mit sich herumgetragen und man wollte vorbereitet sein, falls der deutsche Feind zurückkehre. Dies führte zu einer kurzen Diskussion über stereotype Bilder, die die Bevölkerungen gegenseitig von sich haben, bis dann endlich die Schüler auf die Bühne gebeten wurden.
Vom Hardtberg-Gymnasium nahmen Lisa Unkelbach und Jamal El-Ayoubi (Q2, Französisch-LK) an der Podiumsdiskussion teil, dazu zwei Schüler des Friedrich-Ebert-Gymnasiums. Im Publikum saßen weitere Schüler beider Schulen. Abwechselnd wurden dann die Fragen an die Schüler gerichtet, darunter wie die damalige Zeit von den Schülern gesehen wurde, ob noch Aktualität bestehe oder ob das Ereignis schon zu weit in der Vergangenheit liege.
Eine andere Frage war, was genau an Frankreich heute noch attraktiv sei und wieso man noch nach Frankreich möchte. Die Schüler waren sich bei der Antwort eigentlich größtenteils einig. Es sind die Sprache, die Kultur und die Landschaften, die Frankreich so besonders machen. Doch Frankreich wird auch als „Sprungbrett in die Welt‘‘ gesehen. Das Land ist für uns Schüler meistens das erste, welches wir ohne unsere Eltern besuchen, das erste große Abenteuer, das wir (mehr oder weniger) alleine antreten. Die Erfahrungen, die Ängste, die man oft während eines längeren Austauschs sammelt und überwindet, sind ohne Frage von großer Wichtigkeit für die Zukunft eines Schülers. Man lernt, dass es in Ordnung ist neue Orte zu erkunden. Man lernt die Welt ohne die Stützräder der Eltern kennen, auch wenn man natürlich niemals wirklich alleine ist während eines solchen Austauschs. Doch diese Erfahrungen geben einem den Mut, später weiterhin in neue Länder zu reisen und auch in Länder, die vielleicht weiter weg liegen als Frankreich. Das ist, was damit gemeint war, dass Frankreich für viele bilinguale Schüler ein Sprungbrett in die Welt sei.
Gestellt wurde auch die Frage: „Was ist Grenze und wie wird diese von den Schülern wahrgenommen, insbesondere zwischen Deutschland und Frankreich?“ ,,Das Stärkste, das ich als Grenze erlebe, ist das Autobahnschild“ kam die Antwort von Lisa. Auch die anderen Schüler hatten ähnliche Reaktionen, für sie gab es keine wirkliche Grenze zwischen Frankreich und Deutschland, die sie als solche erlebt hätten. Europa wird als eine Einheit gesehen.
Ab diesem Punkt wurde dann auch um Fragen aus dem Publikum ans Podium gebeten. Die ersten Worte kamen von einem Herrn, der sich darüber freute, wie emotional die Jugend über das Thema geredet hat. Die physischen Grenzen zwischen den Ländern seien weg, jetzt seien es nur noch die administrativen. Die deutsch-französische Freundschaft gilt als Grundstein der europäischen Zusammenarbeit, was sich ja auch öfter in unserer Geschichte, aber auch in unserer Gegenwart, als wahr herausgestellt hat. Doch das Publikum äußerte auch seine Sorge, dass es ein fehlendes Interesse auf der französischen Seite gibt, sowohl im Unterricht und in den Schulen, als auch privat. Die Antwort darauf war, dass man sich darüber keine Sorgen machen sollte, da das Interesse manchmal erst später im Berufsleben kommt und die Zukunft der deutsch-französischen Freundschaft nicht gefährdet ist. Die Schüler scheinen der gleichen Meinung zu sein, ein Interessenverlust sei kein Problem in der Jugend. Es sei eine Generation herangezogen worden, die sehr krisenfest ist, eine Generation, die schon in jungen Jahren nicht nur eine Pandemie erlebt hat, sondern auch politische Instabilitäten und Ungerechtigkeiten auf der Welt kennt. Aufgrund dessen wissen wir, dass wir Krisen überstehen können, aber auch nur gemeinsam. "Wir sind eine Generation, der bewusst ist, das unsere Probleme international sind; besonders mit dem Klimawandel und der Corona-Pandemie wurden wir schon sehr früh mit so etwas konfrontiert und wissen, wie damit umzugehen ist“, war eine der Antworten, die die Schüler gaben.
Die Frage, ob die deutsch-französische Freundschaft in Zukunft bestehen bleibt, ist also keine Frage, die wir uns stellen, da wir die Antwort bereits kennen.
Kurz darauf, nach ein paar wenigen weiteren Fragen an die Experten und Schüler, kam die Podiumsdiskussion zum Ende und es gab die Möglichkeit mit einem Glas Orangensaft (oder Sekt) das Gespräch untereinander zu suchen.
Amany Jouili, Q2, Französisch-LK